Das Grasegger Magazin 30 Jahre Jubiläum

44/ 45 Zuerst bin ich zum Freilichtmuseum Glentleiten gefahren. Hier konnte ich mir ein Bild machen, wie man früher gelebt hat, wie die traditionellen Bauweisen waren. Kann man da irgendetwas überneh- men oder was kann man nicht übernehmen? Was macht Sinn oder was nicht? Mit Herrn Grasegger hatte ich dann gemeinsam eine Rundreise unternommen, in die umgrenzenden Alpenregionen wie z.B. Kufstein, Salzburg, auch nach Italien. Da haben wir uns gemein- sam Inspirationen eingeholt für verschiedene traditionelle Baustile, Bauweisen und Materialgestaltungen. Sie haben sich also sehr intensiv mit der alpenländischenWohn- und Baukultur beschäftigt? Das mache ich grundsätzlich sehr gerne, da ich somit in das jeweilige ema eintauche und ein Gefühl dafür entwickeln möchte. Das geht einfach sehr gut, wenn man das ema rund um sich herum hat. Wie haben Sie sich daraufhin mit der Verknüpfung modernen, kos- mopolitischen Modehausstils und des Traditionsbewusstseins hier- zulande beschäftigt? Ich suchte schon die Auseinandersetzung mit Regionalität und ich denke, es gibt heutzutage auch wieder eine Bewegung, dass die Leute ihre Freizeit immer mehr auf dem Land verbringen möchten, die Ruhe und die Nähe zur Natur suchen. Dort auch wohnen wollen. Ich möchte das jedoch etwas vorsichtig ausdrücken, da ich denke, dass das erst der Beginn einer solchen Bewegung ist. Das hängt auch sicherlich mit den hohen Mietpreisen in der Stadt zusammen. Wenn Sie sich mal die Spielfilme ansehen, da geht alles hin zur Natur. Sie passen den Interieurstil der Mode an. Welche Materialien haben Sie bei der Umgestaltung im Trachtenhaus Grasegger verwendet? Ich lege generell sehr viel Wert auf Naturmaterialen, auch naturbelassene Materialien. Das war auch ganz klar Teil der Aufgabenstellung. Herr Grasegger wollte von vornherein, dass hier nicht mit künstlichen Mate- rialen wie etwa Kunststoffen oder mit sogenannten neuen Materialen, die auf alt gemacht sind, gestaltet wird. Es war maßgeblich und im ge- meinsamen Einvernehmen immer die Rede von Nachhaltigkeit und Langlebigkeit. Wir arbeiten eng zusammen mit Handwerksfirmen hier vor Ort, was unheimlich viel Spaß macht. Man erlebt sehr selten so zu- verlässige und integre Mitarbeiter. Jeder identifiziert sich 100%ig mit seiner Tätigkeit. Da gibt es keine austauschbaren Leute wie auf Groß- baustellen. Auch wenn man es manchmal mit einem Dickkopf zu tun hat. Aber ich brauche diesen dicken Kopf, denn dieser Mann weiß, wovon er spricht und weiß, was er tut. Er steht hinter seinemHandwerk. Ich stehe hinter meinem. Und so schätzt hier jeder die Arbeit, dasWissen und das Können des Anderen. Ich konnte die verschiedenen traditionellen Handwerkstechniken mit all ihren Facetten wunderbar in meine Arbeit mit einfließen lassen. Wie hat man schon seit Generationen das Holz behandelt, wie hat man Oberflächen behandelt? Das Schöne ist, dass ich selber pausenlos und immer wieder dazulerne. Es fließt außerdem äußerst positiv auch in mein Privatleben mit ein, da ich mein Büro in einem denkmalge- schützten Haus habe und ich auch in einem denkmalgeschützten Haus wohne. Denkmalgeschützt sowohl innen als auch außen. Das heißt, ich setze mich auch privat mit alten Handwerkstechniken aus- einander. Das praktiziere ich auch sehr gerne und deshalb bereitet mir die Arbeit mit den verschiedenen alteingesessenen Handwerkern eine riesengroße Freude. Und wenn man da auch noch tiefer eintauchen kann, macht’s umso mehr Spaß. Frau Dobiasch, im Laufe Ihrer Karriere waren Sie auch an verschie- deneneatern an der Kreation von Bühnenbildern maßgeblich be- teiligt. Diese wunderbare Arbeit hat sicher einen sehr positiven Einfluss auf Ihre Arbeit als Innenarchitektin. In gewissem Sinne ist ein Modehaus eben auch eine Bühne. Der Kunde wird eingeladen, zu kommen, zu schauen und zu verweilen. Man kann das schon mit einer Inszenierung vergleichen. Peter Zadek, der ein ganz großer Regisseur war, hat einmal gesagt: „Der Bühnenbo- den ist ein Zauberort, auf dem alles gemacht werden kann. Da kann einer kommen und sagen: Ich bin Rumpelstilzchen! – und ich glaube es ihm; oder es kommen zehn Leute auf die Bühne marschiert und behaupten, sie seien eine Armee – ich glaube es sofort.“ Und genau das ist meine Auf- gabe. Hier bietet sich der Vergleich mit der Bühne, mit dem zu gestal- tenden Raum und dem Produkt, um dieses wir eine räumliche Inszenierung gestalten. Diese Ähnlichkeit ist das Faszinierende daran.

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