Das Grasegger Magazin 30 Jahre Jubiläum

PORTRA I T BAU bei dem die Einzeldielen durch die traditionelle Schwalbenschwanz- technik ohne Leim verbunden werden. Die Holzbeschaffung aus nach- haltiger Waldwirtschaft gehört zu diesem baubiologischen Ansatz dazu. Wenn möglich, schlägt Bernhard sein Holz allerdings selbst. Das geht in den heutigen Mengen natürlich nicht immer, aber im eigenenWald ist ein gezieltes Schlagen von Mondphasenholz möglich. Bevorzugt in der omasnacht, der kürzesten Nacht des Jahres, holt er dieses Mond- holz ein, dem besondere Qualitätsmerkmale nachgesagt werden. Doch der Arbeitstakt seiner Abbundmaschine lässt ihn schnell von der romantischen Mondscheinbühne herunter kraxeln. Die Axt kommt aus und der Joystick in die Hand. Der Dachstuhl-Abbund ist ein gutes Bei- spiel dafür, wie sich die Dinge in seinem Gewerk verändert haben. "Die Geschwindigkeit der Abbundmaschine stellt dich vor neue Herausfor- derungen. Wenn ich früher einem Meister einen Plan gegeben habe, z.B. für einen Garagendachstuhl, dann war er den ganzenTag beschäftigt. Heute ist dieser Auftrag innerhalb von zwei Stunden erledigt und die neue Pla- nung muss bis dahin schon wieder abgeschlossen sein. Der Meister braucht eine kürzere Zeit zum Abbinden als ich zum Planen." Klar, dass sich da- durch alles verschoben hat. Das soll nicht heißen, dass er diese Maschine nicht schätzen oder nicht brauchen würde. So ein Typ ist Bernhard nicht: "Entweder du gehst mit der Zeit oder du gehst mit der Zeit." Trotzdem ist es ausgesprochen interessant, wenn er erzählt, wie diese Arbeit früher ausgeführt wurde. Und ein Privileg, dieses Wissen über- haupt noch zu haben. Seine Vorfahren haben noch auf der alten Schnurbruck geplant. Dabei wurde der Dachstuhl im Maßstab 1:1 auf den Boden gezeichnet und anschließend das Holz in Original- größe aufgelegt. "Zum Aufschnüren eines Hauses hat es in der Zimmerei einen großen Raum gegeben, wie eine Bühne." So hat jedes Haus eine Art handwerkliche Generalprobe durchlaufen. Und zwar mit jenen Personen, die den Dachstuhl später auch aufrichteten. Irgendwie schön und sehr persönlich. Der aktuelle Grasegger Umbau war für Bernhard gleichermaßen "eine Herausforderung und etwas ganz Besonderes". Herausforderung, weil es die alte Dachstuhlkonstruktion perfekt mit der Neuen zu verbinden galt. Das bedeutete Anpassung én detail, so dass der Übergang nicht einmal an den Dachziegeln zu sehen sein durfte. Und hoch oben, als verglaster Raum über dem Dach, wurde als sehr spezielles Element eine Dachlaterne in das Gebäude integriert. Sie musste zum Einen genau in die alte Konstruktion passen und zum Anderen als Binde- glied zum neuen Dachstuhlbereich fungieren. Am hinteren Teil des Hauses findet sich eine weitere Besonderheit, die jedes Zimmermann- herz höher schlagen lässt. Denn dort wurde das Treppenhaus mit einer massiven Blockwand verkleidet. "Normalerweise werden dafür einfach Bretter hergenommen, aber Franzi wusste genau, was er wollte." Viel- leicht ist dieses Vorstellungsvermögen genetisch bedingt. Sein Groß- vater, Franz Grasegger, ein Zimmerermeister der alten Schule, hat früher an verschiedenen Häusern ähnliche Verkleidungen angebracht. Bernhard und seine Mannschaft verbauten also 17 Kubikmeter Lärchenbalken, die in traditioneller Schwalbenschwanztechnik zu- sammengefügt wurden. Außer über baumstarke Bauweisen sind die Familien Maurer und Grasegger auch verwandtschaftlich verbandelt. Bernhard konnte erst Marianne Grasegger's Cousine Martina für sich gewinnen, und dann den Rest der Familie bei einem persönlichen Bauvorhaben von sich und seinem handwerklichen Können überzeugen. Dieser familiäre Zusammenhalt besteht bis heute: "Graseggers sind einfach Familie. Das Verhältnis ist eng und vertraut." Eben aus gleichem Holz. Text: Lisa Rühl

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