Das Grasegger Magazin - Berg. Schaf. Wolle.
Doch dass man für das Leben da oben wirk- lich geschaffen sein muss, ruft mir Ham so- gleich ins Gedächtnis. Auch er hat schon früh viel Zeit am Stepberg verbracht und ist schrittweise da reingewachsen. „Der Vorgän- ger hat einen Buben gehabt, der war so alt wie i und mit dem bin i viel beinand gewe- sen. Dann haben die aufgehört und keinen Nachfolger gehabt. Und da haben mei Frau und i g‘sagt, dann machen wir das. I wollt das scho sehr.“ Bei allem Enthusiasmus betont er aber, dass der Almsommer viele Entbehrun- gen mit sich bringt und insbesondere die An- fänge vor über 25 Jahren nicht leicht waren. „Da sind unsere Zwillinge gekommen, das war ois nicht so einfach. Die sind ja auch hier oben aufgewachsen und die jetzige Hüttn hat noch nicht gestanden. Koa Dusche, koa Was- serklo – das war nicht immer lustig.“ Mehr Platz und Komfort brachte der Neubau vor zwölf Jahren. Das „nicht mal eben ins Tal fah- ren können“ ist aber nach wie vor Realität. „Das, was drunten ist, geht nicht. Kein Ver- ein, keine fixen Verabredungen. Entweder du machst es oder eben nicht.“ Darum ist die Antwort, als ich ihn nach der wichtigsten Ei- genschaft für seinen Beruf frage, wenig über- raschend: „In erster Linie brutal viel Idealismus“. Selbstredend, dass auch der Ur- laub dem Almrhythmus unterliegt. „Das ma- chen wir im Herbst wenn’s vorbei ist. Da müssen wir auch gar nicht weit weg fahren.“ Das klingt auf der Partenkirchener Seite ziemlich ähnlich. „Mia san koa Urlaubsfahrer. Mia machen eher daheim Urlaub und besu- chen die anderen Hüttenwirte. Dazu haben wir sonst keine Zeit.“ Denn die Tage sind ausgefüllt und oft auch ziemlich aufregend. Nicht selten fordern starke Unwetter und be- stimmte Wetterlagen besondere Einsätze. Dann kann es zu Verlusten kommen - dieses Jahr erwischte es bei Karl zehn Schafe. Ob Schneefelder, Murenabgänge oder Blitzein- schläge, ein Bergschaf muss viel aushalten. Das tut es aber. „Das Bergschaf ist das robus- teste Schaf. Darum ist die Wolle auch lang und grob. Und damit schwer zu verarbeiten. Das kommt vomWetter. Auch die Frühjahrs- und Herbstwolle unterscheiden sich – letztere ist deutlich dicker.“ Lang und robust ist für manches Produkt je- doch gerade passend. „Ich hab mir heuer Bankauflagen machen lassen. Und meine Bettfüllung ist auch aus Schafswolle, was ich sehr schätze. Denn seit ich sie habe, ist mein Schulterweh weg.“ Warum die lokale Wolle so wenig bekannt ist und nicht gebündelt verkauft wird? „Das macht ma scho a bissl. In Farchant wird zum Beispiel zentral gesam- melt und dann gebündelt an die Firma Wer- denfelser Land geliefert. Das ist jetzt besser organisiert und kommt erst richtig in Fahrt.“ Auch Ham kennt die organisierte Wollab- holung, die immer nach der Schur im Herbst ist. Allerdings stimmt es ihn nach- denklich, dass der Wollpreis nach wie vor so niedrig ist. Zu niedrig, wenn man Aufwand und Wert des Produktes sieht. „Ein Bekann- ter hat mal seine Wolle da hingebracht, einen ganzen Sack, von ca. zwölf Schafen. Nachdem die dreckige Wolle aussortiert wurde, gab es dann für den ganzen Sack 14 Euro. Das ist das Benzin nicht wert, die Wolle da überhaupt hinzufahren. Gleichzei- tig werden die großen Ranchen in Neusee- land mit EU-Geldern subventioniert. Und unsere Wolle können wir in die Tonne schmeißen. Gut, es liegt wahrscheinlich an der Masse, die wir nicht zusammenbringen. Wobei man an der Milch-Situation sieht, dass zu viel auch nicht gut ist, weil die Preise dann noch mehr sinken.“ Schwieriges Thema. Aber eines, das angesprochen ge- hört. Und zum Nachdenken anregt.
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