Das Grasegger Magazin - Berg. Schaf. Wolle.
30/ 3 1 rascht, erfahre ich zudem, dass er sich in seiner knappen Freizeit außerdem der Topfen- und Butterherstellung widmet. Klingt nach vollem Programm aber vor allem nach einem stimmi- gen Tier-Mensch-Natur-Rhythmus. Der steht auch bei Karl und seinem Leben rund um die Bockhütte auf der Tagesord- nung. So dreht er bei schlechtemWetter klei- nere Runden im Reintalkessel und plant die größeren Touren bei gutemWetter und guter Sicht. „Das sich selber Einteilen können und eigenständig Arbeiten ist der Reiz, der es aus- macht.“ Diesem Reiz ist er schon vor gerau- mer Zeit erlegen. Denn es ist bereits der 20. Almsommer, den er heuer mit seiner Familie auf der Bockhütte verbracht hat. Ein Ort, der ihm seit dem 15. Lebensjahr vertraut ist, weil er immer wieder oben half. Und sich in sein Herz einbrannte. Daher war es beizeiten keine Frage, das Zepter von seinem Schwager zu übernehmen. Obwohl er damals ver- gleichsweise alt war. „Wir wollten das schon immer tun.“ Mittlerweile ist er 54 und denkt langsam ans Aufhören – aber nicht, ohne auf seine Tochter als potentielle Nachfolgerin zu bauen. Denn die ist zum Glück mit dem Almsommer-Virus infiziert und steht mit ihrem Freund in den Startlöchern. Sofern die Weidegenossenschaft als Verpächter zu- stimmt, versteht sich. Doch von heute auf morgen gänzlich zumTalsitzer zu werden, ist für Karl keine Option. Denn das Almleben ist ein Familienprojekt, in das auch er weiter- hin involviert sein möchte. So wie viele an- dere Personen es derzeit sind: Seine Frau führt die Wirtschaft, die Schwiegermutter macht die Wäsche, die Tante backt Kuchen, die Tochter hilft bei den Schafen, die Brüder richten Fahrzeuge und viele Freunde helfen regelmäßig aus. Diese Arbeitsteilung ist wich- tig, weil man an die Bockhütte nicht hinfah- ren kann. „Viel Aufwand trifft auf viel Schönes“, so empfindet er das. Im Sommer kommt Karl nur etwa einmal pro Woche runter ins Tal – zum Einkaufen. Das ist schon eine Umstellung. „Gach is es im Herbst, wenn ma nach der Saison in unser Haus in Partenkirchen z‘rückkemma. Da moanst du musst s‘Autofahrn neu lernen." Aber aufzuregen scheint ihn das nicht. Wahr- scheinlich, weil seine Gelassenheits-Tanks gut gefüllt sind und ihn daher die schnelllebige Tal-Welt nicht so stresst. Warum mache ich eigentlich Yoga, schießt es mir durch den Kopf. Vielleicht wäre ein Praktikum auf der Alm effektiver für den Ruhepuls. „Viel Aufwand trifft auf viel Schönes.“
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