Das Grasegger Magazin - Berg. Schaf. Wolle.
Karl Wörndle gut behütet und gut bewandert. zum Präparieren der heimischen Skipisten. Aber wir konzentrieren uns auf den Sommer und auf das, was sich in den Gebieten der bei- den Männer so abspielt. Also Bergschuhe an, Fragen in die Tasche und rauf auf den Stepberg. Wo mich Ham Ostler mit Stiehl-Hosenträgern, Hut und Lederta- sche gut gelaunt begrüßt. Er verteilt etwas, das wie Fischfutter aussieht und die Schafe scharen sich um ihn. „Ein Weizenkleie-Salz- Gemisch“, klärt er mich auf. Das zum einen als Ergänzungsfutter dient und zum anderen die Schafe anlockt und somit zutraulicher macht. Das ist nämlich nötig, weil er öfter mal eins Fangen muss. Es bimmelt, es glö- ckelt, es läutet. Ob er davon nicht bekloppt wird? Er lacht. „Nein, das gehört halt dazu. Einmal, damit man sie findet - denn oft sind die Schafe in den Latschen versteckt. Und auch, weil es Brauchtum ist. Genauso wie die Almwirtschaft zum Gebiet gehört, gehören die Glocken zum Viech.“ Das findet auch Hirte Karl Wörndle, den ich ein paar Tage später an der Partenkirchner Schaf-Alm unterhalb des Wanks treffe. Seine Herde, die im Sommer über 600 Schafe um- fasst, ist schon im „Zwischenlager“ angekom- men, sprich aus den Weiten des Reintals zurück. Für ihn ist das Bimmeln neben essen- tieller Tradition auch persönliches Glück. Diese und ähnliche Fragen rauschten mir durch den Kopf, als ich mich auf die Gesprä- che mit den heimischen Hirten vorbereitete. Auf Garmischer Seite ist das Hermann Ostler, genannt Ham, der seit 1990 die Step- bergalm an den Hängen des Kramers bewirt- schaftet. Sein Partenkirchner Pendant Karl Wörndle verbringt seit 20 Jahren den Som- mer auf der Bockhütte und im Reintal. Zu- sammen sind die beiden für mehr als tausend Werdenfelser Bergschafe verantwortlich. Doch wer jetzt – ich zähle mich dazu – an umherziehende Wanderhirten mit eigener Herde und Schäferwagen denkt, irrt sich. Denn so bergig das Land, so besonders die Werdenfelser Schafhaltung. Hier sind die Hirten bei der Weidegenossenschaft ange- stellt. Einer alteingesessenen Institution, die Weiderechte besitzt und die Almwirtschaft organisiert. Mit dem Auftrag, die hiesige Kul- turlandschaft zu pflegen und zu erhalten. Ham und Karl sind demnach sommerliche Landschaftspfleger, die in ihren Gebieten kleine Schafsgruppen verschiedener Halter zu einer großen Herde zusammenführen. Und dabei selbst nur ein paar eigene Tiere besit- zen. Doch ob ein Schaf durchs Reintal wan- dern oder sich am Stepberg sonnen darf, hängt davon ab, ob der Stall in Garmisch oder Partenkirchen steht. Denn im Winter sind sowohl Mensch als auch Tier imTal. Das Schaf zum Lammen und Erholen, der Hirte Denn es beruhigt ihn und wenn er es nicht hört, „geht es ihm regelrecht ab“. Ob er in der Badewanne einer Geräusche-CD mit Schafsgebimmel lauscht? Er grinst. „Nein. Aber im Winter schauen wir daheim oft Filme an, die bei uns im Reintal gedreht wur- den. Nur, um das Geläut zu hören.“ Schnell wird klar, dass hier zwei Überzeugungstäter am Werk sind. Die diesen Beruf mit jeder Faser leben. Hoch oben am Berg, mit einer Almwirtschaft, der täglichen Tierbetreuung und den körperlichen Herausforderungen, die damit einhergehen. So erstreckt sich Karls Partenkirchner Gebiet von der Bockhütte, die er mit seiner Familie bewirtschaftet, bis zum Zugspitzplatt. Seine Schafe führen den Sommer über die Schritt- zähler-Bestenliste an. „Die haben das ganze Reintal für sich.“ Und machen sich gruppen- weise auf den Weg. Mal zum Schachen, mal durchs Oberreintal und einige sogar bis zum Zugspitzplatt hinauf. Zurück geht es für diese Expeditionsschafe über die andere Seite des Jubiläumsgrats. Ein Fitnessprogramm, das den Hirten gleichermaßen mit einbindet. Denn Karl sucht die verstreuten Gruppen im Wochenrhythmus auf. Keine leichte Aufgabe, wenn man sich die Distanzen vor Augen führt. „Man geht oft drei Stunden einfach hin und dann musst du die Schafe erst anschauen und kranke Tiere behandeln.“ Darum hat er GESPRÄCH „ImWinter schauen wir daheim oft Filme an, die bei uns im Reintal gedreht wurden. Nur, um das Geläut zu hören.“
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